Wie kann es sein, dass der Zweite Weltkrieg samt Atombombe unter äußerst harmonischen astrologischen Konstellationen stattfand? Warum versagen herkömmliche Deutungsregeln gerade bei vielen Großereignissen der Geschichte? Weil nur die wenigsten Astrologen mit Deklinationen arbeiten. Der Deklinationsaspekt (auch Parallele oder Parallelschein genannt) wurde von großen Meistern wie Placidus, Alfred Witte, Frank Glahn oder Reinhold Ebertin als wichtiger Hauptaspekt betrachtet. Und besonders bestimmend für epochale Ereignisse der Menschheitsgeschichte wird er, wenn er im oberen oder unteren Maximum stattfindet. Im AstroMANAGEMENT System werden diese sehr seltenen Konstellationen Epochen-Deklinationen genannt. Wie das funktioniert und was die Epochendeklinationen für unsere unmittelbare Zukunft bedeuten, erläutere ich in meinem Artikel im aktuellen MERIDIAN:
Für viele Astrologie-Noviz*innen ist der erste Blick in den Nachthimmel eine ziemliche Enttäuschung. In der Horoskopgrafik scheint alles wohlgeordnet. Die Planeten sind artig an den Tierkreis gepinnt. Dazwischen sind mit dem Lineal Aspektlinien gezogen. Und exakte Konjunktionen in der Grafik vermitteln den Eindruck, dass die beteiligten Planeten auch tatsächlich am Nachthimmel eng beieinanderstehen, sich möglicherweise gar überdecken. Schaut man dann nach oben, so sind die Konjunktionen häufig kaum als solche zu erkennen. Beziehungslos stehen die beiden Planeten am Firmament, zwei Lichtpunkte in einem Meer von Sternen.
Dieser Effekt wird besonders extrem, wenn man auch mit Himmelskörpern arbeitet, deren Umlaufbahn sich weit von der Ekliptik entfernt. Dafür muss man nicht einmal Exoten mit hoher Bahnneigung wie Damocles (62°) oder Eris (44°) betrachten. Es genügt ein Blick auf Pluto der mit seiner Bahnneigung von 17° bereits deutlich aus dem üblichen Gefüge herausfällt. Steht er beispielsweise im Horoskop punktgenau am Aszendenten, so kann es passieren, dass er am Himmel tatsächlich erst eine Stunde später aufgeht.
Diese Diskrepanz zwischen Horoskopgrafik und Himmel hat eine gewichtige Ursache: Wir versuchen, die dreidimensionale Himmelskuppel auf ein zweidimensionales Blatt Papier zu reduzieren. Dabei kommt es zwangsläufig zu Verzerrungen. Dieses Phänomen kennen wir von den Weltkarten. Hier muss eine vollständige Kugeloberfläche auf eine Ebene projiziert werden. Will man gerade in den Polgegenden zusammenhängende Flächen abbilden ohne diese zu zerschneiden, so wird beispielsweise Grönland unverhältnismäßig aufgebläht während Afrika deutlich kleiner wirkt als es tatsächlich ist.
Dasselbe Problem haben wir bei der Horoskopgrafik. Wir sehen darin die Projektion der Planeten auf die Ekliptik, auf den Tierkreis.[i] Die Winkelbeziehungen auf dieser Ebene sind im Horoskop gut ersichtlich in Form der Hauptaspekte (Konjunktion, Opposition etc.). Es kommt jedoch nur selten vor, dass sich die Planeten genau auf der Ekliptik befinden. Meistens stehen sie etwas nördlich oder südlich davon. Ist dieser nördliche oder südliche Abstand zur Ekliptik bei zwei oder mehreren Planeten gleich groß, so treten sie ebenfalls in eine Beziehung miteinander. Diese Beziehungen nennt man Deklinationsparallelen (auch Deklinationsaspekte, Parallelschein, Parallelen und Kontra-Parallelen). Dabei gilt ein enger Orbis von 1-2°.
Solange Astrologen noch tatsächlich in den Himmel geblickt haben um die Planeten zu beobachten, wäre es undenkbar gewesen, diese Ebene zu ignorieren.[ii] Große Meister wie Placidus, Alfred Witte oder Frank Glahn sprachen dem Deklinationsaspekt erhebliches Gewicht zu. In der Mundanastrologie galt er vielen Experten sogar als Hauptaspekt, ähnlich stark gewichtet wie die Konjunktion. Der amerikanische Astrologe C.C. Zain publizierte in den 1930er Jahren eines der ersten Bücher über Mundanastrologie. Ein großer Teil dieses Buches beschäftigt sich mit Planetenzyklen-Horoskopen, welche nicht auf Zeicheningresse erstellt werden, sondern auf den Moment da ein Planet von unten die Ekliptik durchstößt und somit den Nullpunkt seiner Deklination erreicht.[iii] Einen der letzten Versuche, den Deklinationsaspekten mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, unternahm Reinhold Ebertin in den 1970er Jahren.[iv] Dennoch findet diese Technik in der zeitgenössischen Astrologie kaum Beachtung.[v] Das mag mitunter damit zusammenhängen, dass die Deklinationen – im Gegensatz zu den Hauptaspekten – mit freiem Auge im Horoskop nicht erkennbar sind. Und viele Astrologiebegeisterte sind bereits mit dem Wirrwarr an Hauptaspekten in der Deutung überfordert. Warum also sollte man die Komplexität eines Horoskops weiter aufblasen?
[i] mehr zu dieser Problematik in Christof Niederwieser, Das Gruppenhoroskop: Schlüssel zur Kollektiv-Astrologie, Rottweil, 2017, S. 103f
[ii] Die Astrologie hat sich ursprünglich aus der Zeichendeutung heraus entwickelt und war zu Beginn ausschließlich ein Beobachten von Zeichen am Nachthimmel, siehe Christof Niederwieser, Prognostik 02: Zeichendeutung, Trossingen, 2016, S. 38f
[iii] siehe C.C. Zain, Mundane Astrology – Interpreting Astrological Phenomena for Cities, Nations and Groups, Brea CA, 1935
[iv] siehe Reinhold Ebertin, Deklinations-Parallelen im Geburtsbild, Freiburg im Breisgau, 1976
[v] Im angelsächsischen Raum sind die Deklinationsaspekte etwas mehr verbreitet.